Freitag, 25. November 2011

Johannes Rydzek


Zum Auftakt der Wintersportsaison widmet sich „Zweite Luft“ einem deutschen Wintersportler. Im Porträt: der nordische Kombinierer Johannes Rydzek.

Etwas ungläubig blickt Johannes Rydzek in die Kamera. Die Erschöpfung ist ihm anzusehen, er schnappt nach Luft und versucht seine Gedanken zu ordnen. Vor wenigen Minuten hat er ein furioses Rennen beendet. Nach einem guten Springen von der Großschanze lag er auf dem sechsten Platz, knapp hinter Eric Frenzel. Gemeinsam mit dem Teamkollegen startet er darauf in den abschließenden 10 km Sprint. Immer wieder wechseln sich die beiden Deutschen in der Führung ab und machen viel Zeit gut. Kurz vor dem Ziel liegen sie auf den Plätzen zwei und drei, nur der Franzose Chappuis ist ihnen enteilt. Dann die Zielgerade: Frenzel eröffnet den Sprint, Rydzek kontert. Noch 25m: Rydzek sticht seine Skistöcke kraftvoll in den Schnee, dreimal, viermal – Frenzel versucht dagegen zu halten, doch Rydzek ist zu schnell und rauscht ins Ziel – Er ist Vizeweltmeister.

Am Holmenkollen in Oslo, auf einer der prestigeträchtigsten Strecken des Wintersports, hat sich Johannes Rydzek einen Traum erfüllt - eine Weltmeisterschaftsmedaille im Einzelwettbewerb. Damit gehört der 19-jährige zu einem elitären Kreis. Nur drei deutsche Kombinierer gewannen vor ihm eine Weltmeisterschaftsmedaille von der Großschanze. Nicht der erste Erfolg in der jungen Karriere des Oberstdorfers. Der Juniorenweltmeister debütierte 2005, im Alter von 14 Jahren, in einem FIS - Rennen. Nur zwei Jahre später machte Rydzek, als deutscher Jugendmeister im Einzelrennen erstmals auf sich aufmerksam. Über weitere Podiumsplatzierungen und die Aufnahme in den C-Kader, gelangte Rydzek in der Saison 08/09 in den Weltcupkader. Dort wusste er umgehend zu überzeugen. Im ersten Rennen belegte er einen guten 15.Platz und setzte sich im Weltcupkader fest. Einer Top-10-Platzierung im Weltcup folgte dann sein vorläufiges Karrierehighlight. Bei den olympischen Spielen in Vancouver gewann er, gemeinsam mit der deutschen Staffel, die olympische Bronzemedaille. Doch trotz der Bronzemedaille und einer Top-25 Platzierung im Gesamtweltcup, flog er bis zur letzten Saison noch unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung. Sein großer Durchbruch folgte dann bei der SKI-WM 2011 in Oslo. Dreimal Silber - die Gesamtbilanz des Youngsters bei der nordischen Skiweltmeisterschaft. Aus dem großen Talent war mit einem Mal ein dreifacher Vizeweltmeister geworden.

Der talentierte Rydzek wird sich mit dem zweiten Platz jedoch nicht dauerhaft zufrieden geben. Schließlich gehört er sowohl auf der Schanze, als auch in der Loipe zu den Besten. Sollte er weiter hart an sich arbeiten könnte aus dem Vizeweltmeister, wohl bald ein Weltmeister werden. Ein Wettkampftyp ist er allemal. Als er in Oslo gefragt wurde, wie es sich anfühle den Teamkollegen auf der Zielgerade zu schlagen, konnte er sein stolzes Grinsen kaum verbergen. Wohl wissend, dass er nicht nur sein Vorbild, sondern ebenso den frischgebackenen Weltmeister auf der Normalschanze geschlagen hatte.

Die neue Saison wird für Rydzek anspruchsvoll . Aus den Schuhen eines Talents ist er bereits mit neunzehn Jahren herausgewachsen. Seinen Weltcupsieg und den sechsten Platz im Gesamtweltcup wird er in dieser Saison bestätigen müssen. Getreu seinem Motto: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“, wird er auch in diesem Jahr wieder viel Trainingsarbeit investieren. Denn an Einsatzwillen mangelt es dem 1,76 m großen Vizeweltmeister nun wahrlich nicht. Eric Frenzel wird ein Lied davon singen können. Schließlich musste er sich Rydzek auch beim Weltcupfinale 2011, in Lathi, im Zielsprint geschlagen geben. Zum zweiten Mal innerhalb von 14 Tagen siegte der Oberstdorfer gegen sein Idol. Dieses Mal allerdings im Zweikampf um den ersten Platz.

von Mattias Jahn

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