Sonntag, 18. Dezember 2011

Tim vs. Tom

Am Abend kommt es zum Showdown in der NFL. Im Rennen um die Playoff-Plätze treffen die New England Patriots auf die Denver Broncos. Doch die sportliche Brisanz des Duells wird vom Aufeinandertreffen der Quarterbacks in den Schatten gestellt.

Fünf Spiele waren gespielt, als Denvers Coach John Fox eine bedeutsame Entscheidungen traf. Lediglich einen Sieg hatte sein Team in den ersten fünf Partien einfahren können. Sein Quarterback Kyle Orton lies konstante Leistungen vermissen und dem Team fehlte es an Rhythmus und Selbstvertrauen. Die Fans forderten vehement den Einsatz von Tim Tebow. Der Quarterback der University of Florida war von den Broncos im Draft 2010 an 25. Stelle gewählt worden. Doch der Spielstil des College-Stars und Gewinners der Heisman-Trophy galt als "NFL-untauglich", weshalb sich die Broncos scheuten Tebow als „Starting“-Quarterback einzusetzen. Zudem hofften sie auf den Durchbruch von Orton. Doch die ersten Ergebnisse und die trübe Saisonaussicht bewegten Coach Fox dazu, Tebow eine Chance zu geben. Diese wusste er zu nutzen. Umgehend riss er das Spiel der Broncos an sich und verlor seit seiner Inthronisierung lediglich eine Partie. Sieben Partien konnte er gewinnen, teils spektakulär aber immer unkonventionell.

Das Unkonventionelle scheint dem Sohn eines Missionars zu liegen. Außerhalb des Platzes polarisiert der bekennende Christ mit seinen religiösen Überzeugungen und sorgt damit für einen riesigen Aufruhr um seine Person. Das „Tebowing“, die Nachahmung seiner in sich gekehrten Körperhaltung am Spielfeldrand, hat sich mittlerweile zum absoluten Trend entwickelt. So wie sich sein öffentliches Auftreten von dem der meisten NFL-Spielern unterscheidet, so grenzt sich auch sein Spiel als Quarterback von klassischen Vorbild ab. Ein Blick auf seine Pass - Statistik führt dies recht deutlich vor Augen. Tebow weist das schlechteste Verhältnis von geworfenen zu gefangenen Pässen auf (48,9%), sorgte per Pass für den wenigsten Raumgewinn (1290 Yards) und sorgte bei einem durchschnittlichen Raumgewinn von 6,5 Yards gerade einmal für 11 Touchdowns. Trotz reichlich unspektakulärer Passstatistik ist Tebow zum absoluten Sieggarant der Denver Broncos aufgestiegen. Dies liegt vor allem an seinem unbändigen Siegeswillen und seiner Qualität als „Rusher“.

In einem „typischen“ Spiel verhindert er zunächst beständig einen fahrlässigen Ballverlust (lediglich 6 in dieser Saison) und gibt somit der starken Defensive die Chance das Spiel offen zu halten. Tebows Stunde schlägt, wenn sich das Spiel zum Ende neigt und es an ihm ist das Spiel zu wenden. Durch teilweise beeindruckende Läufe über das Spielfeld, gelingt es ihm sein Team in exzellente Position zu bringen. Wenn es dann darauf ankommt zu punkten, ist es Tebow der die Verantwortung schultert und den Ball in die Endzone trägt. Da sich sein Passspiel in den letzten Spielen sichtlich verbessert hat, fällt es den gegnerischen Teams zunehmend schwerer die Offensive um den laufstarken Quarterback auszurechnen. Allerdings konnte man bis zum letzten Wochenende behaupten, dass Tebow die Siege vornehmlich gegen schwächere Teams erlief. Doch ihm glückte sein Meisterstück. Gegen die gefürchtete Defensivabteilungen der Chicago Bears sah es lange Zeit nach einer Niederlage aus. Aber wieder war es Tebow der die entscheidenden Akzente setze und seinem Team den Sieg in der Verlängerung bescherte. Nun ist dem Team aus Denver alles zuzutrauen, auch die Playoffs sind möglich. Doch dazu bedarf es zunächst eines Sieges gegen eines der besten Teams der NFL, die New England Patriots.

Das Spiel der Patriots wird vom alles überstrahlenden Quarterback bestimmt, Tom Brady. Brady ist ein Quarterback, wie er im Lehrbuch steht. Sein Pass ist seine stärkste Waffe. Er operiert aus dem Bereich, den seine Vorderleute (Offensive Line) schützen, der sogenannte „Pocket“. Seine Statistiken sind beeindruckend. 4273 Yards Raumgewinn erzielte er durch die Luft, 66,1 % seiner Pässe wurden gefangen und ihm glückten bereits 33 Touchdownpässe bei einem durchschnittlichen Raumgewinn von 8,6 Yards. Er entspricht dem klassischen Bild eines Quarterbacks, während Tebow die „wilde“ Variante eines eben solchen darstellt. Das Duell der beiden Mannschaften, welches nicht nur im Playoff-Rennen von elementarer Bedeutung ist, wird somit auch zum Duell der Spielstile auf der Quarterbackposition. Sicherlich wird sich auch bei einem Sieg der Broncos der Spielstil der NFL-Quarterbacks nicht grundlegend ändern. Allerdings wird das Spiel am späten Abend definitiv die Frage beantworten, ob Tebows Spielstil auch gegen einen Titelanwärter bestehen kann. Dem Magier aus der „Mile High City“ ist es auf jeden Fall zuzutrauen und damit würde er wohl auch seinem letzten Kritiker, der Denver-Legende John Elway, den Wind aus den Segeln nehmen.

von Mattias Jahn

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