Dienstag, 10. Januar 2012

Wildcard-Weekend in der NFL

Verschnaufpause? Kein Thema für die harten Jungs aus der NFL. Nur eine Woche nach dem Ende der regulären Saison, ging es in der "Wildcard–Runde" um die verbliebenen vier Plätze in den NFL-Playoffs. Zweite Luft lässt das "Wildcard-Weekend" Revue passieren und wirft schon einen Blick auf die nächste Runde.

Cincinnati Bengals – Houston Texans 10:31

Vor Spielbeginn gab es in diesem Duell keinen klaren Favoriten. Die Bengals galten zwar als leichter Außenseiter, doch aufgrund der Verletzungsmisere der Houston Texans war dem Team aus Cincinnati durchaus der Sieg zutrauen. Diese Vermutung sollte sich zunächst bestätigen. Während Houston nur schwerlich in Gang kam, konnten die Bengals bereits beim zweiten Ballbesitz punkten. Angestachelt von der Führung, war es Houstons Runningback Arian Foster, der das Heft in die Hand nahm und mit einem Touchdown ausgleichen konnte.

Doch die Bengals zeigten sich unbeeindruckt und gingen im zweiten Viertel erneut in Führung. Die Wende im Spiel führte die starke Defensive der Texans herbei. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit fing Houstons Defensive End J.J. Watt einen Passversuch von Andy Dalton spektakulär ab und trug ihn zur 17:10 Führung in die Endzone. Vom späten Schock wollte sich die Offensive der Bengals in der zweiten Hälfte nicht mehr erholen. Quarterback Andy Dalton wurde von der starken Defensive der Texans zunehmend unter Druck gesetzt und leistete sich zwei weitere Interceptions. Dies nutzten die Texans, die nun auch im Passspiel stärker wurden. Widereceiver Andre Johnson, der in der ersten Halbzeit noch unsicher wirkte, erwies sich im zweiten Abschnitt gewohnt souverän und fing einen Pass von T.J. Yates zur 24:10 Führung. Im letzten Viertel glänzten die Texans noch einmal mit ihrem starken Laufspiel. Arian Foster lief für einen weiteren Touchdown in die Endzone und begrub somit die letzte Hoffnung auf ein spätes Comeback der Bengals.

In der nächsten Runde treffen die Houston Texans auf die Baltimore Ravens. Die defensivstarken Ravens dürften ein echter Prüfstein für die Texans werden. Schließlich stellt das Team um Linebacker Ray Lewis die zweitstärkste Lauf-Defensive. Wenn die Texans gegen die playofferfahrenen Ravens nicht untergehen wollen, muss vor allem Quarterback T.J. Yates (159 Yards gegen die Bengals) ein besseres Spiel abliefern. Nur mit einer starken Offensive wird man die Ravens vor größere Probleme stellen können. Im letzten Aufeinandertreffen gelang dies den Texans nur bedingt. Am 16. Oktober besiegten die Ravens die Texans deutlich mit 29:14.

Detroit Lions – New Orleans Saints 28:45

Wer ein spannendes Duell erwartet hatte, der wurde nach der Halbzeit bitter enttäuscht. Die Lions, die sich bis zum Pausenpfiff nach allen Regeln der Kunst gewehrt hatten, konnten der übermächtigen Offensive der Saints nicht Stand halten. New Orleans Quarterback Drew Brees feuerte aus allen Rohren und erzielte sagenhafte 466 Yards Raumgewinn. Lions Quarterback Matthew Stafford erzielte 380 Yards Raumgewinn, konnte am Ende nicht mehr dagegen halten und leistete sich im letzten Viertel gleich zwei Interceptions.

Schlussendlich manifestierte sich an diesen beiden Fehlern die Niederlage der Lions. Allerdings war auch schon zuvor absehbar, dass Detroit in einem „high-scoring" Spiel den Kürzeren ziehen würden. Zu schwach war ihr Laufspiel (lediglich 32 Yards Raumgewinn mit Laufspielzügen) und zu einseitig ihr Passspiel (Chad Johnson fing über 40% der Pässe). Die Saints hingegen wusste sowohl am Boden (168 Yards) als auch durch die Luft (466 Yards) zu glänzen. Dabei war es wieder einmal Drew Brees, den keiner stoppen konnte. Während sich die Defensive der Saints düpieren lies, zeigte der Quarterback keine Schwäche und schoss die Lions aus dem Rennen um den Super Bowl. Dabei kam Brees vor allem das starke Laufspiel der Saints zu Gute, während der Quarterback in den letzten Jahren häufig auf sich allein gestellt war, hat er mit Darren Sproles und Pierre Thomas nun ein laufstarkes Duo neben sich, dass konstanten Raumgewinn garantiert.

Am kommenden Wochenende könnten Superman Brees und seine unglaublichen Saints, allerdings auf ihr Kryptonit treffen. Der nächste Gegner kommt aus San Francisco und ist wohl das Überraschungsteam der Saison. Die San Francisco 49ers galten vor einem Jahr noch als wilde Ansammlung von untrainierbaren Talenten. Im Sommer übernahm Jim Harbaugh den Job als Head Coach. Seitdem spielen die 49er wie ausgewechselt. Ihre Defensive lies pro Spiel nur 14,2 Punkte zu und gewährte dem Gegner im Schnitt lediglich 308,2 Yards Raumgewinn. Auch die Offensive der 49ers, um Frank Gore und Vernon Davis ist nicht zu unterschätzen, obwohl sie in einem „high-scoring“ Spiel chancenlos sein dürften. Deshalb gehen die Saints auch als Favorit ins Duell mit den 49ers. Sie sollten allerdings gewarnt sein, schließlich verloren die 49ers in dieser Saison lediglich 3 Partien.

Atlanta Falcons – New York Giants 2:24

Jedes Jahr das selbe Drama, so lautet wohl das Urteil nach dem erneuten Playoff-Aus der Atlanta Falcons. Nach 2008 und 2010 sind die Atlanta Falcons bereits zum dritten Mal in Folge zum Playoffauftakt ausgeschieden. Dabei beweist das talentierte Team in der regulären Saison immer wieder, dass es mit den besten Teams mithalten kann. So ging man in der letzten Spielzeit als topgesetztes Team in die Playoffs, scheiterte jedoch deutlich am späteren Super-Bowl Champion, den Green Bay Packers. In den Playoffs versagen den Falcons zu oft die Nerven.

Dies zeigte sich auch am Sonntagabend auf erschreckende Weise. Die starke Offensive der Falcons fand nie wirklich ins Spiel. Lediglich 263 Yards Raumgewinn erzielte Atlanta und punktete dabei nicht ein einziges Mal. Die einzigen Punkte besorgte die Defensive. Die Giants, die sich gegen die gute Defensive der Falcons zunächst schwer taten, wusste den Offensivblackout der Falcons zu nutzen. Wieder einmal war es Quarterback Eli Manning, der drei Touchdowns warf und sein Team zum Sieg führte. Unterstützung fand Manning vor allem von seinem starken Widereceiver H. Nicks (115 Yards / 2 TD) und den beiden exzellent aufgelegten Runningbacks Jacobs (92 Yards) und Bradshaw (63 Yards).

Die Giants, die sich erst am letzten Spieltag der regulären Saison für das "Wildcard-Weekend" qualifizieren konnten, treffen in der nächsten Runde auf die Green Bay Packers. Die Packers, das stärkste Team der regulären Spielzeit, sind ein harter Brocken und in guter Verfassung nur schwer zu schlagen. Vor allem Green Bays Offensive vermochten bis dato nur wenige Teams zu stoppen. Lediglich ein Spiel verloren die Packers in dieser Saison. Allerdings dürfen sich die Giants Hoffnung machen. Das letzte Aufeinandertreffen verloren die Giants äußerst knapp mit 38:35. Zudem verfügen die Giants mit Quarterback Eli Manning über einen der nervenstärksten Spieler seiner Zunft. Dies bewies Manning in dieser Saison, mit einem NFL-Rekord für Touchdowns im 4. Viertel. 15 Touchdowns erzielte Manning im letzten Spielabschnitt. Nicht nur deshalb darf das Duell „Packers gegen Giants“ mit größtmöglicher Spannung erwartet werden.

Pittsburgh Steelers – Denver Broncos 23:29

Der späte Sonntagabend lieferte wohl die größte Überraschung des Wochenendes. Die Denver Broncos, um Quarterback Tim Tebow, konnten die klar favorisierten Pittsburgh Steelers in der Overtime besiegen. Das schien vor Spielbeginn noch undenkbar. Leicht auszurechnen, wenig kreativ und für die Steelers viel zu ungefährlich schien das Offensivspiel der Broncos. Obwohl die Steelers einige verletzungsbedingte Ausfälle zu beklagen hatte ging wohl niemand davon aus, dass die playofferfahrenen Steelers gegen Denver ins Wanken kämen.

Doch das Spiel belehrte alle eines Besseren. Die bärenstarke Defensive der Broncos hielt die Steelers in Schach und setzte dem angeschlagenen Quarterback Ben Roethlisberger zu. Der kämpfte mit seinem Schmerz, fand aber gegen die agilen Gegenspieler nur selten ein Mittel. Auf der Gegenseite hatte man vornehmlich die „Option-Offense“ der Broncos erwartet, in welcher Tim Tebow und Willis McGahee zur Fuß den größtmöglicher Raumgewinn erzielen sollten. Doch die Broncos zeigten ein neues Gesicht und machten sich die Arroganz der Steelers zu nutze. Diese verteidigten fast ausschließlich gegen das Laufspiel und ließen somit Platz für Pässe. Dies wusste Tim Tebow zu nutzen der immer wieder offene Receiver sah und diese per Pass für großen Raumgewinn bediente. Vor allem der „Play-Action-Pass“ (angetäuschtes Laufspiel mit darauf folgendem Pass) setzte den Steelers zu. Doch diese ignorierten die Variabilität im Spiel der Broncos und liefen ein ums andere Mal in die Falle der Broncos.

In der zweiten Hälfte fingen sich die Steelers ein wenig und konnten kurz vor Schluss sogar ausgleichen. Da kein Team in der regulären Spielzeit weitere Punkte auf die Anzeigetafel brachte, ging es in die Overtime. Die Broncos gewannen den Münzwurf und hatten als erstes Ballbesitz. Dann ging alles ganz schnell, Tebow passte und der phänomenal aufspielende Demaryius Thomas (204 Yards /1 TD) lief über 80 Yards in die Endzone der Steelers. Kein Verteidiger konnte Thomas am spielentscheidenden Touchdown hindern, weil dieser viel zu schnell war und die Steelers wiederholt auf einen Laufspielzug spekuliert hatten.

Doch Ehre wem Ehre gebührt, die Broncos verdienten sich mit einem starken Auftritt die Teilnahme an den Playoffs. Dort treffen sie allerdings auf einen starken Gegner, die New England Patriots. Die Patriots sind vor allem in der Offensive unermesslich stark. In Rob Gronkowski wissen sie den derzeit wohl stärksten Tight End in ihren Reihen und Tom Brady gehört definitiv zu den besten Quarterbacks der NFL. Das letzte Aufeinandertreffen endete recht deutlich. New England siegte 41-23. Dementsprechend geht New England als eindeutiger Favorit ins Duell mit den Broncos. Doch chancenlos sind die Broncos keineswegs. Sollten die Broncos ihre Leistung stabilisieren können und weiterhin an ihrem Passspiel feilen, könnte es für Tom Brady und die Patriots durchaus ungemütlich werden.

von Mattias Jahn

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