Dienstag, 31. Januar 2012

Hansen, Mazedonien und Olympia-Aus

Dänemark holt den Titel. Zwei Überraschungsteams stürzen die Favoriten und das deutsche Team wird zur tragischen Figur. Der Rückblick auf die Handball Europameisterschaft 2012 in Serbien.

Dänemarks irre Wende zum Titel

Im letzten Spiel kochte die Halle noch einmal. Unterstützt von 20000 Zuschauern traf die serbische Handballnationalmannschaft auf Dänemark. Doch gegen die starken Dänen reichte die Kraft der Serben nicht mehr. In einem defensiv geprägten Spiel setzte sich Dänemark mit 21:19 durch. Noch vor einer Woche hätte im dänischen Team niemand an den Europameistertitel geglaubt. Nach dem ersten Hauptrundenspiel wies das Konto magere zwei Punkte auf. Ein Unentschieden oder eine Niederlage im zweiten Gruppenspiel hätte unweigerlich das vorzeitige Aus zur Folge gehabt. Doch gegen eine starke deutsche Mannschaft fanden Mikkel Hansen und Co. zurück in die Spur. Erstmals im Turnier spielten sie den ihre größte Stärke, den Tempogegenstoß, aus und versetzten der deutschen Mannschaft eine bittere Niederlage. Fortan spielten die Dänen wie gelöst und siegten gegen Schweden und Spanien. Im Finale setzten sich dann das bessere Team durch. Die Dänen überzeugten offensiv, obwohl ihnen die serbische Verteidigung zusetzte. Doch Hansen, der Star im Team, nahm das Heft in die Hand und traf neunmal. Vor den eigenen Fans konnte vor allem der Rückraum der Serben keine weiteren Akzente setzen. Eine bittere Niederlage für den Gastgeber.

Serbien verteidigt sich ins Finale

Schließlich hatte Serbien zuvor kein Spiel verloren. Vor Beginn der EM hatten wohl nur wenige Experten auf die Serben getippt. Doch getragen von den fanatischen Fans zwangen die Serben ihre Gegner in die Knie. Vor allem die überragenden Abwehrleistung und Torhüter Darko Stanic öffneten das Tor zum Finale. Reihenweise verzweifelten die Gegner am Deckungsverbund der Serben (nie mehr als 22 Gegentore). Im Angriff setzte man auf zermürbenden Positionshandball und die individuelle Qualität von Momir Ilic. So ebneten sich Serbien den Weg ins Finale der allerdings weniger steinig blieb als zuvor erwartet. Denn die vermeintlichen Favoriten schwächelten. Vor allem die Franzosen enttäuschten auf ganzer Linie. Das Team von Trainer Claude Onesta präsentierte sich erschreckend harmlos und wenig erfolgshungrig. Die großen Stars der L'Equipe Tricolore schienen außer Form und verwunderten die erfolgsverwöhnten Teams. Bezeichnend die Leistung von Nikola Karabatic. Lediglich 9 Tore erzielte der ehemalige Welthandballer im gesamten Turnier. Doch nicht nur die Franzosen schwächelten. Auch Island, Schweden und Polen überzeugten zu keinem Zeitpunkt. Vor Turnierbeginn noch im erweiterten Favoritenkreis, stolperten sie allesamt über vermeintlich „kleine“ Gegner und mussten bereits in der Hauptrunde die Segel streichen.

Mazedonische Träume von Olympia

Doch die Gunst der Stunde wussten die Außenseiter zu nutzen. Neben den Serben überraschte vor allem das Team aus Mazedonien. Dank Kyril Lazarov, der sagenhafte 61 Turniertreffer erzielte, erreichte die Mannschaft das Spiel um Platz fünf und konnte sich dort gegen die Slowakei durchsetzen. Diese Platzierung ist nicht nur das beste EM-Ergebnis, sondern ermöglicht den Mazedoniern auch die Teilnahme am olympischen Qualifikationsturnier. Eine einmalige Gelegenheit für Mazedonien, die sich im gesamten Turnier lautstarker Unterstützung erfreuen durfte. Tausende mazedonische Fans pilgerten ins Nachbarland Serbien und verwandelten die Spielstätten in einen Hexenkessel.

Deutschland macht Spaß, bleibt aber erfolglos.

Über diese Unterstützung hätte sich auch das deutsche Team gefreut. Den in kritischen Situationen präsentierte sich die DHB-Auswahl häufig haltlos und nervenschwach. Am Ende belegte das Team Platz sieben. Auf dem Papier ein ernüchterndes Ergebnis, allerdings nicht ganz so desaströs wie erwartet. Nach einem schlechten Start stabilisierte sich das Team schnell und überzeugte gegen Schweden und Serbien. Das lag vor allem am neuen Trainer Heuberger, der nicht vor großen Namen zurückschreckte und den formschwachen Pascal Hens aus der Mannschaft nahm. Konsequent wechselt er seine Formation durch, versuchte die Gegner zu überraschen und sorgte für neue Energie von der Bank. Doch sein Team konnte die verdiente Ernte nicht einfahren. Trotz zweier Matchbälle gegen Dänemark und Polen, erreichte Deutschland das Halbfinale nicht. Denn wenn es darauf ankam unterliefen dem deutschen Team unerklärliche Fehler. Schwache Abschlüsse reihten sich an Ballverluste und mangelhafte Verteidigungsleistung. Schlussendlich mochten auch die Unparteiischen dem deutschen Team nicht mehr helfen und das Aus war besiegelt. Bitter für die deutsche Mannschaft, die sich erstmals seit der EM 2008 wieder in ansprechender Form präsentierte. Am Ende schmerzte das vorzeitige Ausscheiden gleich doppelt, denn Polen und Mazedonien ergatterten sich die verbliebenen Tickets für das olympische Qualifikationsturnier. Die olympischen Sommerspiele werden somit definitiv ohne das deutsche Team stattfinden.

So bleibt immerhin Zeit für den Neuaufbau des Teams. Nachdem die arrivierten Hens, Bitter und Zeitz nicht mehr für den DHB auflaufen, wird Heuberger ein paar neue Spieler ans Team heranführen müssen. Ob er dabei aus dem Vollen schöpfen kann ist eher fraglich. Zwar verfügt der DHB über einen guten und erfolgreichen Nachwuchs, doch dieser kommt nur vereinzelt in der Bundesliga an. Nur selten spielen deutsche Spieler bei Spitzenvereinen auf den Schlüsselpositionen. Ein altbekanntes Problem, dass auch Ex-Bundestrainer Heiner Brand häufig beklagte. Ob sein Nachfolger Martin Heuberger den Kampf gegen Windmühlen gewinnen kann, bleibt abzuwarten.

von Mattias Jahn

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