Mittwoch, 25. April 2012

Der König ist tot, es lebe der ...?

Wer hätte das gedacht? Chelsea setzt sich im Champions League-Halbfinale gegen den großen Titelfavoriten Barcelona durch. Ein Wunschergebnis? Sicherlich, schließlich ist die Dominanz der Blaugrana nahezu unerträglich. Seit Jahren ist die katalanische Kombinationsmaschinerie kaum zu stoppen und verbreitet Angst und Schrecken. Häufig heißt es deshalb vor der Auslosung - „Bloß nicht Barca“. Doch „Wunder gibt es immer wieder“ und umso schöner ist es, dass die Übermacht nun endlich einmal gestoppt wurde. Der Titelverteidiger muss das Finale vom heimischen Sofa verfolgen. Die Mär von den Unbesiegbaren ist nun hinfällig und die unendliche Lobhudelei muss vorerst eingestellt werden. Chelsea steht im Finale und hat es aufgrund der leidvollen Champions League-Erfahrungen auch irgendwie verdient. Auch in München und Madrid darf man frohlocken, wartet doch der vermeintlich leichtere Gegner im Finale.

Doch trotz aller Freude über die Niederlage bleibt ein fader Beigeschmack. Auch wenn die Neutralität im Fußball häufig ihre Grenzen findet, fällt es als Fußballästhet schwer den Sieg der Blues richtig zu genießen. Grub sich die Mannschaft von Roberto die Matteo doch über 180 Minuten hauptsächlich am eigenen Strafraum ein. Bei Ballgewinn wurde die Kugel zumeist weit aus der eigenen Hälfte gedroschen und wenn möglich wurde zerstört statt gespielt. Eine Taktik die auch schon Inter Mailand 2010 wählte und Barca damit ebenfalls unerwartet aus dem Wettbewerb beförderte. Chelsea Adaption gelang, weil man den zerstörerischen Ansatz auf die Spitze trieb. Die Offensivbemühungen der Londoner lassen sich wohl wie folgt zusammenfassen: 3 Konter = 3 Tore. Enorm effektiv aber auch ebenso unattraktiv.

Natürlich fällt es schwer Chelsea zu kritisieren. Von der offensichtlich unterlegenen Mannschaft zu verlangen das Spiel mitzugestalten, erscheint nicht nur hirnrissig, sondern hätte Barca wohl auch in die Karten gespielt. Chelsea wählte den gangbarsten Weg und bestritt ihn erfolgreich. Da im Fußball am Ende nur das nackte Ergebnis zählt, stehen die Londoner verdient im Finale und vielleicht muss man sogar den Hut ziehen vor diesem Defensivbollwerk.

Allerdings bleibt trotz der erneuten Niederlage der Blaugrana ein Wunsch unerfüllt. Vergeblich sucht man die Mannschaft, deren spielerisches Vermögen die Übermannschaft aus Barcelona vor Probleme stellt und ihnen die Grenzen aufzeigt. Ein Team, welches nicht nur gut verteidigt und gewinnt, sondern am Ende auch den besseren Fußball gespielt hat. Für dieses Jahr muss die Suche eingestellt werden und es bleibt zu hoffen, dass sich im nächsten Jahr ein würdiger Nachfolger findet.

von Mattias Jahn

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