Die Spannung steigt bzw. sie ist schon
kurz vor dem Siedepunkt und wenn sie noch weiter steigen sollte, weiß
ich nicht wo das hinführt. Schließlich hatte ich so viel „Kribbeln
im Bauch“ das letzte Mal während des Elfmeterschießens gegen
Argentinien. Heute sind es noch 5 Stunden bis zum Anpfiff und ich
schaffe es nicht ruhig zu sitzen. Dafür gibt es wohl verschiedene
Gründe. Etwa die Tatsache, dass ich mir die unsägliche 119.
Spielminute in den letzten Tagen zu oft angesehen habe. Oder die
zahllosen Statistiken über das Unvermögen der deutschen Elf, die
Italiener bei einer WM- oder EM-Endrunde zu besiegen, die seit Tagen
im Umlauf sind. All das hat nicht unbedingt dazu beigetragen, meinen
Puls auf konstant niedrigem Niveau zu halten. Stattdessen ist der
Respekt vor einer starken italienischen Truppe langsam, aber sicher in
Angst umgeschlagen. Angst, dass sich alles wiederholt – die
schreckliche Nacht des 4.Juli, die bitteren Tränen und die
Erkenntnis, dass es schon wieder nichts wird mit dem langersehnten
Titelgewinn.
Dabei sollte ich doch voller Zuversicht ins Spiel gegen die Italiener gehen. Denn unsere Jungs haben in diesem Turnier den Platz stets als Sieger verlassen, starke Gegner geschlagen und selbst in kritischen Situationen, Stärke und Zusammenhalt bewiesen. Zudem prangt auf meiner Oberlippe der beste Glücksbringer aller Zeiten. Zwar nicht besonders prächtig oder richtig schön, dafür aber unglaublich effektiv. 4 Spiele, 4 Siege, 9:4 Tore – das nennt man wohl eine Erfolgsstory. Legt man meine bärtige Oberlippe zu Grunde kann doch eigentlich gar nichts schiefgehen. Eigentlich! - wäre da bloß nicht dieses mulmige Gefühl. Was ist, wenn ein Schnörres nicht reicht? Wenn die Rotzbremse die Italiener nicht aufhalten kann? Vielleicht braucht es gegen die Italiener mehr als nur ein haariges Ungetüm. Also was soll es, ich gehe auf Nummer sicher und sorge für den Rundumschutz.
Ein
zweiter Schnauzbart muss her und da mir vorne schon einer steht, gibt
es nur eine logische Lösung – ein zweiter Schnörres am
Hinterkopf: Das muss reichen, auch gegen die Italiener.
von Mattias Jahn
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