Mittwoch, 19. Oktober 2011

Maradonas Erben

Nach dem finanziellen Ruin ist der S.S.C. Neapel zurück im europäischen Spitzenfußball.

Als am späten Dienstagabend der Anstoß im Gruppenspiel der Champions League zwischen dem S.S.C. Neapel und Bayern München erfolgte, endete für den 2-fachen italienischen Meister endgültig eine wahrhaft entbehrungsreiche Zeit. Die Neapolitaner sind angekommen im Konzert der Großen, dort wo sie vor über 20 Jahren letztmals für Furore sorgten. Ende der 80er Jahre besiegte das Team um Weltstar Diego Maradona in den Finalspiele des Uefa-Cups den VFB Stuttgart (2:1, 3:3) und besiegelten somit den größten Erfolg der Vereinsgeschichte.

Der Sieg im Uefa-Cup war der Höhepunkt einer goldenen Ära in der süditalienischen Hafenstadt, die Krönung eines Teams das mit Stars (Maradona, Careca, Alemão) gespickt war. Doch der sportliche Erfolg war auf Sand gebaut, der finanzielle Aufwand war enorm und der Schuldenberg wuchs. Dies rächte sich in den Folgejahren, nach Maradonas Abgang begann der langsame Abstieg. Die finanziellen Wagnisse wurden dem Verein zum Verhängnis, Topspieler mussten verkauft werden und man verlor den Anschluss zu den italienischen Spitzenteams. Es folgte der Abstieg in die Serie B und der finanzielle Kollaps. In der Saison 2000/01 konnte man zwar wieder Erstligaluft schnuppern, doch der prompte Abstieg warf das Team weit zurück. Nach weiteren drei Jahren in der Serie B, brach Neapel unter der Schuldenlast zusammen. Die Lizenzauflagen konnten nicht mehr erfüllt werden und der Verein meldete Konkurs an.

Nach dem großen Knall begann das Aufräumen, der Club wurde neu gegründet und spielte unter dem Namen „Napoli Soccer“ in der Serie C1. Angeführt von Präsident und Filmproduzent Aurelio de Laurentiis, startete man die Mission Wiederaufstieg. Nachdem man im zweiten Anlauf in die Serie B aufstieg und die Namensrechte des „alten“ S.S.C. Neapel erwarb, glückte in der Saison 2006/07 sogar der erneute Aufstieg in die Serie A.

Seit dem Aufstieg erscheint der S.S.C. Neapel sportlich stabilisiert. Abstiegsängste gehören der Vergangenheit an und die Verpflichtung von Trainer Walter Mazzarri erwies sich als Glücksgriff. Unter seiner Leitung belegte Neapel die Plätze 6 und 3 in der Serie A und erreichte das Sechzehntel-finale in der Europa League. Zudem führte Mazzarri das 3-5-2 Spielsystem ein und formierte das Offensivtrio um Lavezzi, Cavani und Hamsik. Dieses Offensivtrio steht stellvertretend für den neapolitanischen Spielstil, der nicht vom Ballbesitz lebt aber von hohem Tempo und leidenschaftlichen Einsatzwillen geprägt ist.

Ein Spielstil der nicht nur attraktiv klingt, sondern auch erfolgreich ist. Dies bewiesen vor allem die starken Auftritte in der Gruppenphase der Champions League. Ob Neapel allerdings die richtigen Lehren aus der Vergangenheit gezogen hat, scheint fraglich. Denn der Erfolg des Teams geht wieder einmal mit großem finanziellen Aufwand einher. So wurden vor Saisonbeginn 60,8 Millionen Euro in neue Spieler investiert, eine enorme Summe für einen Verein mit einer derartigen Vergangenheit.

von Mattias Jahn

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