Montag, 14. Mai 2012

Genie von der Bank

Noch ein Relegationsspiel, dann ist auch diese Bundesliga-Saison wieder beendet. Einige der wichtigsten Fragen sind allerdings schon jetzt beantwortet: Dortmund ist Meister, Bayern nur Zweiter und Gladbach steht überraschend in der CL-Quali. Für Köln und Lautern heißt es im nächsten Jahr hingegen: „Zeit für Zweitliga-Luft“. Wir werfen in dieser Woche noch einmal einen Blick zurück auf die vergangenen 34 Spieltage und küren die Top 3 im Tor, Abwehr, Mittelfeld, Sturm und auf der Trainerbank.


Gependelte Viererkette, Wechselpass oder falsche 10 – die taktischen Finessen im Fußball sind nicht nur kreativ bezeichnet, sondern auch häufig schwer nachzuvollziehen. Auch als erfahrener Fußballfan durchblickt man die komplexen Spielzüge im Rasenschach nicht immer. Zum Glück sitzt an der Seitenlinie zumeist ein Experte auf diesem Gebiet. Ein guter Trainer durchschaut nicht nur die taktischen Varianten des Gegners, sondern weiß auch durch eigene zu überraschen. Auch in dieser Saison haben sich in der Bundesliga ein paar Trainer in der Vordergrund gespielt. Wir haben unsere Top3 gewählt.

1. Jos Luhukay
Wer vor der Saison auf den Absteiger Augsburg gewettet hat, dem bot der Buchmacher wohl keine besonders gute Quote an. Insgeheim war sich jeder sicher, dass es mit diesem Kader postwendend zurück in Liga 2 geht. Und auch zur Halbserie sah sich wohl jeder in dieser Annahme bestätigt. Nur 3 Siege und bereits 8 Niederlagen bei einer Tordifferenz von Minus 13. Dazu kaum Spieler mit großen Namen und besondere Erfahrung im Abstiegskampf, keine guten Voraussetzungen im Kampf um das rettende Ufer. Doch Jos Luhukay gab der Saison eine neue Wendung, stellte auf einigen Positionen um und urplötzlich erblühte das Spiel der Augsburger. Bezeichnend das Spiel gegen den unangefochtenen Tabellenführer aus Dortmund. Im heimischen Stadion entnervte man die Truppe aus dem Ruhrpott. Mit gnadenlosem Defensivspiel trieb man die Dortmunder zur Weißglut und stellte sie vor eine unlösbare Aufgabe. Gepaart mit einigen Nadelstichen nach vorne, fand man in ein effektives Spielsystem. Das Unentschieden gegen Dortmund war nur der Anfang. Auch Schalke, Gladbach, Mainz und Wolfsburg konnten die Fuggerstädter nicht besiegen. Mit 5 Siegen, 8 Unentschieden und nur 4 Niederlagen spielte Augsburg eine starke Rückrunde. Die 23 Punkte sicherten ihnen am Ende den 14. Tabellenplatz und somit den Klassenerhalt. Eine unglaubliche Leistung, die dem Team von Jos Luhukay wohl nur ganz große Optimisten zugetraut haben.


2. Lucien Favre
Der ein oder andere mag die Nase gerümpft haben, als Gladbach in der Rückrunde 2010/11 Lucien Favre verpflichtete. Schließlich hatte sich der gebürtige Schweizer lautstark aus Berlin und der Bundesliga verabschiedet. Dabei war er mit seiner Art mancherorts angeeckt. Doch bei Borussia Mönchengladbach war davon nichts zu hören, umgehend nahm der Trainer seiner Arbeit auf und verzeichnete eine fantastische Aufholjagd. Vom letzten Platz gestartet (mit 16 Punkten), holte Favre in 12 Spielen 20 Punkte und sicherte somit den Relegationsplatz. Nachdem sich die Fohlen in den Relegationsspielen gegen Bochum durchsetzten, lagen ihm Verein und Fans zu Füßen. Niemand hätte wohl gedacht, dass man diese furiose Schlussphase noch einmal toppen könnte. Doch Gladbach nahm den Schwung mit in die neue Bundesliga-Saison und spielte auf einmal oben mit. Mit einem Kader dem man vor der Saison bestenfalls Platz 8 zugetraut hätte, katapultierte sich die Borussia zum ernstzunehmenden Titelkandidaten. Erst zum Ende der Saison ließ der Erfolg nach. Letztendlich sicherte man sich souverän den 4. Tabellenplatz und darf im nächsten Jahr international spielen. Den Schlüssel zum Erfolg lieferte Favre mit einstudierten Spielzügen, brillantem Defensivfußball und erbarmungslosem Konterspiel. Das Meisterstück glückte dabei wohl gegen den FC Bayern. Zum Rückrundendstart schoss man die Bayern mit 3:1 aus dem Stadion.


3. Jürgen Klopp
Eine beeindruckende Saison, die der BVB 2011/12 hinlegte. 28 Spiele lang ungeschlagen und einen Rekordwert von 81 Punkten, damit verewigt sich Dortmund in den Annalen der Bundesligageschichte. Dabei war der Saisonstart durchwachsen verlaufen. Am 6. Spieltag stand Platz 11 zu Buche mit 7 Punkten und bereits 3 Niederlagen. Doch das Blatt wendete sich schon am nächsten Spieltage. In Mainz siegte die Borussia mit 2:1 und blieb fortan ungeschlagen. Mit der Titelverteidigung und am Ende sogar dem Double krönte der BVB eine Saison, in der man die vermeintliche „Übermannschaft“ aus München dreimal besiegte. Dabei wirkt die Mannschaft sehr homogen, tritt geschlossen auf und hat einen taktischen Maßanzug bekommen. Der Schneider dieses ist Jürgen Klopp, der Dortmund aus der Versenkung der Bundesliganiederungen zurück an die Tabellenspitze führte. Mit selbstlosem Einsatz und atemberaubendem Offensivfußball verzücken die Schwarz-Gelben die Bundesliga und sind derzeit nicht aufzuhalten. Neben der taktischen Neuausrichtung ist es Kloppo besonders hoch anzurechnen, dass seine Mannschaft über eine hohe Grundmotivation verfügt. So schlecht das Spiel auch verläuft, hängende Köpfe oder Aufgabe erlebt man in Dortmund nie. Die Mannschaft läuft, kämpft, kombiniert und siegt, angetrieben von einem unbändigen Motivator und Taktiker, Jürgen Klopp.


von Mattias Jahn

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